Nur ein Tag (Jula & Marius)

Diese Stadt war wirklich beeindruckend! Und so... grün!
Der Zauberer von Oz hatte wahrlich ein Kunstwerk erschaffen.
Mit offenem Mund blickte Marius nach oben und versuchte das Dach eines Hauses zu erkennen, doch es war einfach viel zu hoch.
Aus Winkus kannte er so etwas wirklich nicht!
Neugierig ging der junge Winkie durch die grünen Straßen und sah sich die Geschäfte um ihn herum an. Es gab hier einfach so viel zu entdecken!
Ihm kam eine ZIEGE entgegen, die gerade mit ihren Kindern unterwegs war. Sie trugen alle grüne Brillen.
Überrascht sah Marius den TIEREN nach. Grüne Brillen...?
Belustigt schüttelte er den Kopf und ging weiter.
Man kann es auch übertreiben!, dachte er sich, doch je mehr Menschen an ihm vorbei kamen, umso mehr Leute mit diesen grünen Brillen fielen ihm auf.
War das vielleicht Mode hier?

Interessiert sah Jula sich um. Hier war es wirklich ganz anders als bei ihr zu Hause auf dem Hof ihrer Eltern, nicht so ländlich. Sie kam selten von zu Hause weg, deshalb freute sie sich jetzt umso mehr, dass sie endlich mal die Smaradstadt erkunden konnte, sie liebte Ausflüge an ihr unbekannte Orte. Gut gelaunt schlenderte sie durch die Straßen, ohne wirklich darauf zu achten, wohin sie überhaupt ging.

Als Marius gerade wieder nach oben blickte, um zu sehen, ob alle Häuser in dieser Stadt so hoch waren, bemerkte er nicht, dass er mit jemandem zusammenstieß.
Erschrocken wich er zurück.
„Verzeihung!“, entschuldigte er sich sofort und betrachtete seinen Gegenüber. Es war eine junge Frau mit kurzen Haaren, die allerdings überhaupt nicht weiblich gekleidet war.
Der junge Winkie runzelte kurz die Stirn und fügte dann noch hinzu: „Es war keine Absicht. Ich hoffe, Sie haben sich nicht verletzt, Fräulein.“
Und wie so oft, wusste Marius nicht, wann er mit seiner Höflichkeit übertrieb. Er deutete eine leichte Verbeugung an und entschuldigte sich weiter: „Ich bitte vielmals um Entschuldigung. Es soll nicht wieder vorkommen.“

In Gedanken versunken schlenderte Jula weiter die Straßen der grünen Stadt entlang und plötzlich stieß sie irgendwo gegen. Sie taumelte ein Stück zurück und sah verwundert auf. Eine junge Frau hatte sie angerempelt. Mit gerunzelter Stirn hörte Jula zu, wie sich die Frau umständlich bei ihr entschuldigte. Warum hielt die es denn für nötig so höflich zu sein? Man konnte es damit auch übertreiben!
"Ähm...ist schon in Ordnung", meinte sie und musterte die Frau kurz. "Du brauchst es auch nicht zu übertreiben mit dem Entschuldigen und das 'Sie' kannst du auch ruhig weg lassen." Sie mochte es überhaupt nicht, wenn Leute sie mit diesem unpersönlichen 'Sie' ansprachen und so hielt sie es für gewöhnlich auch nicht für nötig, andere Leute so anzusprechen.

Marius sah die junge Frau mit großen Augen an.
Alles, was sie da sagte, widersprach den Dingen, die ihm sein Vater beigebracht hatte. Aber er hatte dem Winkie auch beigebracht, die Bitte einer Frau zu erfüllen, wenn es möglich war.
„In Ordnung“, sagte er dann lächelnd. „Tut mir leid, wenn ich es übertrieben habe. Das ist einfach die Macht der Gewohnheit, weißt du.“
Irgendwie war es gar nicht so schwer, nicht 'höflich' zu sein. So war es irgendwie... leichter, ja, leichter! So konnte man etwas... lockerer sein.
„Ich heiße übrigens Marius von Klikkingen. Und du bist?“
Er reichte der jungen Frau die Hand und lächelte freundlich.

Geht doch, dachte Jula sich, als die andere Frau endlich aufhörte, so furchtbar freundlich zu sein. Bei dem ganzen Tumult auf der Straße war es nicht ganz einfach zu verstehen, was ihr gegenüber sagte, doch ihren Namen bekam sie mit: Maria von Klikkingen. Jula lächelte und schüttelte die Hand ihrer neuen Bekanntschaft.
"Ich heiße Jula", stellte sie sich nun auch vor. "Jula Arragis."

„Freut mich, dich kennenzulernen, Jula“, sagte Marius fröhlich. „Wohnst du hier in der Smaragdstadt?“
Er sah sich kurz um. „Weißt du, ich bin das erste Mal hier und das alles ist noch so neu und überwältigend. Bei mir Zuhause in Winkus gibt es sowas wie hier nicht.“
Irgendwie gefiel es dem jungen Winkie, mal vollkommen frei von der Leber zu reden. Sein Vater hätte ihm das sicher nicht erlaubt. Aber er war ja nicht da...

Sie lächelte und schüttelte den Kopf. "Nein, ich wohnte hier nicht", sagte sie. "Ich bin auch das erste mal hier, aber es gefällt mir richtig gut, hier sind überall so viele Menschen und es ist richtig was los. Ich wohne eigentlich bei meiner Familie auf einem Hof in Munchkinland, aber da ist es immer ziemlich ruhig, deshalb liebe ich es Ausflüge in andere Städte zu machen." Sie musste ein wenig über sich selbst schmunzeln, denn entgegen ihrer eigentlichen Angewohnheit, hatte sie gerade fast so schnell gesprochen, wie gewisse andere Mädchen. Ich sollte aufpassen, sonst werde ich ruck zuck doch noch zu einer 'richtigen Frau' und das will ich ganz bestimmt nicht, dachte sie.

Als Marius das Wort 'Munchkinland' hörte, empfand er wieder diese plötzliche Abneigung, deren Ursache er einfach nicht kannte.
„Ach, du bist eine Munchkin?“, fragte er und musterte die junge Frau.
Ob sie deswegen so sonderbar aussieht...?, fragte sich der Winkie und erschrak. Er musste wirklich aufhören, so zu denken! Sie sah nicht sonderbar aus, keinesfalls! Vielleicht ein wenig anders, als andere Frauen, aber nicht sonderbar!

"Naja, mehr oder weniger", sagte Jula auf die Frage Marias, ob sie ein Munchkin sei, hin. "Geboren wurde ich in Gillikin." Warum erzählte sie das eigentlich jedem, dem sie begegnete? Sie hatte kaum zwei Jahre ihres Lebens in Gillikin verbracht und konnte sich überhaupt nicht mehr an ihren Geburtsort erinnern. Naja, egal, Maria schien es ja auf jeden Fall zu interessieren, woher sie kam.

Und schon war diese seltsame, unbegründete Abneigung wieder verschwunden.
„Ah, aus Gillikin! Ein wunderschönes Flecken Erde“, schwärmte der Winkie. „Obwohl mir meine Heimat noch lieber ist.“
Er lachte und strich sich die Haare zurück.
„Sag mal“, fing er an und sah sich um. „weißt du, ob es hier irgendetwas gibt, was man sich unbedingt anschauen sollte? So als Tourist, meine ich.“
Er lächelte Jula an.

"Ich habe leider keine Ahnung", meinte Jula und zuckte mit den Schultern. "Ich bin ja heute auch zum ersten Mal hier in der Smaradstadt." Sie schaute sich ein wenig um, um möglicherweise irgendetwas zu entdecken, dass vielleicht sehenswert wirkte. Aber alles hier wirkte irgendwie so pompös und beeindruckend, dass man überhaupt nicht wusste, wo man zuerst hingehen sollte.

„Hm...“, machte Marius und sah sich weiter um. Hier sah wirklich alles sehenswert aus. „Wollen wir uns vielleicht zusammen umsehen?“
Er lächelte Jula an und hoffte, sie würde ihn begleiten. Zu zweit machte so ein Stadtbummel sicher mehr Spaß, als allein.
„Zu zweit ist das sicher viel lustiger, meinst du nicht auch?“

"Ja, da hast du wohl recht", meinte Jula und nickte. Lustig, da war sie gerade einmal ein paar Minuten in dieser Stadt und hatte schon eine neue Bekanntschaft geschlossen. Vielleicht würden sie und Maria ja Freundinnen werden. Hm, ich sollte mal nicht so voreilig sein, erstmal werde ich sie ein wenig kennen lernen, dachte sie. "Sehen wir uns also ein bisschen zusammen um."

Marius nickte lächelnd und deutete dann nach links.
„Wollen wir da lang gehen?“, fragte er. „Vielleicht finden wir da ja auch jemanden, der uns ein paar Informationen geben kann. Was meinst du?“
Er ging ein paar Schritte weiter und sah sich wieder um. „Wie der Zauberer von Oz wohl darauf gekommen ist, die ganze Stadt grün zu machen?“

Jula nickte zustimmend als Maria vorschlug, nach links zu gehen. Als sie ihr eine Frage stellte, zuckte Jula nur mit den Schultern. "Keine Ahnung, woher soll ich das wissen?", meinte sie nur. "Er wird sicherlich seine Gründe gehabt haben...oder er mag einfach die Farbe grün." Jula lachte leise und sah sich ebenfalls weiter um.

Marius lächelte, während er weiter ging und sich die vielen Geschäfte und Wohnhäuser um sich herum ansah.
„Ja, vielleicht hast du recht“, sagte er und bog in eine Seitengasse ein.
„Das hier scheint eine Einkaufsstraße zu sein“, überlegte der Winkie laut und strahlte.
Ich war schon lange nicht mehr einkaufen!, dachte er sich.

Jula verzog etwas das Gesicht, als sie die Geschäfte entdeckte. Sie hasste es einzukaufen! Das war eine der vielen Eigenschaften, die sie von all den anderen Mädchen, die sie kannte, unterschied. Vorsichtig schaute sie Maria an. Hoffentlich war sie nicht auch eines dieser Mädchen, denn auf einen Einkaufsbummel hatte Jula im Moment überhaupt keine Lust...sie hatte eigentlich nie Lust darauf.

Marius strahlte Jula glücklich an.
„Möchtest du einkaufen gehen?“, fragte er, obwohl es wohl keine richtige Frage, sondern eine Art Bitte war.
In Gedanken ging der Winkie schon einmal durch, in welche Art von Geschäften er gerne gehen wollte.
Er wollte unbedingt eine neue Hose kaufen! Und eine neue Lesebrille konnte er auch mal wieder gebrauchen...!

"Nun ja", begann sie langsam. Sie wollte Maria ja auf keinen Fall verletzen, aber wie sollte sie das verhindern? Einkaufen wollte sie noch weniger. Jula überlegte kurz. Einen Einkaufsbummel über sich ergehen lasen oder riskieren, dass ihre neue Bekanntschaft sie nciht mehr mochte, was war wohl schlimmer?
"Weißt du...ich stehe eigentlich nciht so auf Einkaufen", riskierte sie es schließlich. Vielleicht würde Maria ja auch gar nicht beleidigt sein...wobei das die meisten Frauen waren, wenn man nicht mit ihnen einkaufen wollte.

„Oh“, machte Marius überrascht. „Na gut. Dann suchen wir uns eine andere Beschäftigung.“
Ein Mädchen, das nicht gerne einkaufen ging...? Schon irgendwie seltsam.
Der Winkie sah sich um. „Was würdest du denn gerne unternehmen? Magst du Museen? Oder Theater? Oder möchtest du in ein Café?“
Er war zwar etwas enttäuscht, dass es jetzt keinen Einkaufsbummel geben würde, aber das konnte er ja später immer noch nachholen.

Gut, Maria war nicht sauer. Jula hätte es schon ziemlich schade gefunden, wenn sie jetzt weiter allein durch die Straßen hätte ziehen müssen, wenn man etwas Gesellschaft hatte, war es ja auch viel lustiger.
"Hm...in ein Café wäre nicht schlecht", meinte sie nach kurzer Überlegung. "Ich könnte auf jeden Fall etwas zu Trinken vertragen, du auch?"

„Ja, ich würde jetzt gern etwas trinken“, sagte Marius lächelnd und sah sich um. „Jetzt müssen wir nur noch ein Café finden. Aber ich denke, dass wird in dieser riesigen Stadt nicht schwer sein.“
Gut gelaunt ging der Winkie weiter und fand nach kurzer Zeit auch schon ein Café.
„Nehmen wir dieses?“

Marias gute Laune war irgendwie ansteckend und da Jula sowieso schon so gut drauf war, konnte sie sich jetzt nicht mehr verkneifen einfach zu grinsen.
Als sie schließlich vor dem Café standen, betrachtete sie dieses kurz und nickte dann. "Ja, das sieht doch ganz nett aus", meinte sie und ging zum Eingang.

„Gut, dann gehen wir mal rein“, sagte Marius lächelnd und betrat zusammen mit Jula das Café. Natürlich war auch hier alles grün. Die Wände, die Tische, die Stühle. Selbst die Teller und Tassen.
Der Winkie sah sich kurz um und fand dann einen freien Tisch, mit zwei Plätzen.
„Setzen wir uns dort hin?“, fragte er und deutete auf den leeren Tisch.